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Die Sache mit der Gabel
Kleine, dreizinkige Gabeln sind in Europa schon aus römischer Zeit, wie etwa aus einem Schatzfund von Vienne, bekannt. Von Byzanz aus gelangten sie wohl durch Heirat zwischen Fürstenhäusern in das Italien der Spätrenaissance. Quellen zufolge benutzten die Römer zur Zeit der Antike zum Aufspießen von Fleisch Essstäbchen, fünfzinkige Gabeln dienten nur zum Vorlegen; überwiegend aßen sie mit den Händen. Von Byzanz, dem ehemaligen Oströmischen Reich gelangte die Gabel im Frühmittelalter zu den Normannen, die intensive Handelsbeziehungen mit den Byzantinern unterhielten. Dies beweisen Funde von zwei- bis dreizinkigen Fleischgabeln aus Haithabu und Birka. Sie wurde jedoch zu dieser Zeit im christlichen Mitteleuropa als Werkzeug des Teufels angesehen und daher nicht verwendet. Der erste Bericht über Gabeln in Mitteleuropa stammt aus dem 11. Jahrhundert vom Hof des Dogen Orseolo II. in Venedig. Der Kirchenlehrer Petrus Damiani berichtete, dass eine Prinzessin aus Byzanz sie eingeführt habe. Er verurteilt diese neue Mode als „sündhafte Verweichlichung“ (vgl. Gert von Paczensky/Anna Dünnebier, Leere Töpfe, volle Töpfe. Die Kulturgeschichte des Essens und Trinkens, München 1994, S. 318). Kleine zweizinkige Gabeln benutzte der italienische Adel im Mittelalter zunächst, um sich beim Essen von Obst nicht die Hände zu beschmutzen. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts nennt das Haushaltsinventar des Königs von Frankreich zwölf Gabeln, zur selben Zeit besaß Herzog Karl von Savoyen nur eine einzige Gabel. Belegt ist, dass noch König Matthias Corvinus im 15. Jahrhundert mit den Fingern aß, ebenso Anna von Österreich und ihr Sohn Ludwig XIV. von Frankreich. Hier setzte sich die Gabel beim Adel später durch als in Italien. (vgl. Hannsferdinand Döbler, Kochkünste und Tafelfreuden, 1972, S. 155 ff.) Um 1600 berichtet ein Chronist von einem Mahl in Frankreich: „Während ich einen saftigen Braten verzehrte, bemerkte ich vier Herren, die nicht ein einziges Mal das Fleisch mit den Fingern berührten. Sie führten Gabeln zum Mund und beugten sich tief über ihre Teller. Da ich keine Erfahrung besaß, wage ich nicht, es ihnen nachzutun, und aß nur mit meinem Messer.“ (vgl.Hannsferdinand Döbler, a.a.O. S. 157). Vierzinkige Gabeln gibt es seit dem 17. Jahrhundert in Frankreich. Zunächst nur in Italien begann die Gabel im 16. Jahrhundert als Essbesteck in Mode zu kommen. Im Mittelalter wurde sie lange Zeit von der katholischen Kirche abgelehnt, da sie als Symbol des Teufels angesehen wurde (vgl. Artikel Gabel im Lexikon des Mittelalters, München 1991). Zudem galt sie allgemein als weibisch und geziert. Luther sagte 1518: „Gott behüte mich vor Gäbelchen.“ Erasmus von Rotterdam präzisierte wenig später: „Was gereicht wird, hat man mit drei Fingern oder mit Brotstücken zu nehmen.“ In italienischen Tischregeln vom Anfang des 17. Jahrhunderts heißt es: „Unsere Mitglieder mögen von ihrem Tisch Gabeln und Löffel verbannen. Hat uns die Natur nicht fünf Finger an jeder Hand geschenkt? Warum wollen wir sie mit jenen dummen Instrumenten beleidigen, die eher dazu geschaffen sind, Heu aufzuladen als das Essen?“ In den Klöstern war die Benutzung von Gabeln lange Zeit ausdrücklich untersagt. „Die Gabel als Teil des persönlichen Essbestecks setzte sich in Deutschland erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts in breiten Schichten durch. Im höfischen Bereich ist sie etwas früher als Vorlegegabel für Fleisch und vereinzelt als Konfekt- oder Käsegabel nachzuweisen.“ Nun ist aber natürlich die Frage berechtigt, warum die Benutzung der Gabel in zahlreichen Klöstern über lange Zeit eher verboten oder zumindest gemieden wurde, bzw. warum es nur zweizackige Gabeln über einen langen Zeitraum gegeben hatte. Nun die Antwort ist recht einfach. Der Teufel wird meist mit einem Dreizack dargestellt. Aber! Als Beleg für diese These kann man primär nur Mönche, z.B. des Klosters Montecassino, die die Gabel als 'Teufelszeug' bezeichnet haben, und Hildegard von Bingen ('Gabeln sind gottlos') anführen. Für die weltliche Bevölkerung galt wohl eher, dass nördlich der Alpen die Auffassung herrschte, dass das Essen mit Gabeln weibisch sei; in diesem Kontext ist die Aussage von Martin Luther 'Gott behüte mich vor Gäbelchen' zu verstehen.
Nach: Seite „Essbesteck“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 9. Juli 2009, 06:07 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Essbesteck&oldid=62016919 (Abgerufen: 7. August 2009, 10:43 UTC)
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