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Die jüdische Gemeinde in Merzig

Begleitender Text zu unserem Senirenausflug nach Merzig am 11.03.2010

 

Seit dem 17. Jahrhundert kann man an Hand von Dokumente erste jüdische Mitbürger in Merzig aufzegen, so wird z.B. im Jahre 1652 vom 'Roffel/Raphael Jud' gesprochen, wobei das Dokument nach Aussage einiger Merziger Historiker keinen Hinweis darauf gibt, ob jener Raphael Jud tatsächlich in Merzig wohnte. Dies kann man gesichert erst von Moyses Hanau und seiner Familie sagen, die im Jahre 1683 erfasst wurden. Querverweise zwischen Raphael Jud und Moyses Hanau fehlen dabei genauso wie Angaben über die genau Herkunft der Familie Hanau. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts zogen einige wenige weitere jüdische Familien nach Merzig, so kann man aus verschiedenen Dokumenten des Stadtarchivs, der jüdischen Gemeinde und im Privatbesitz nachlesen, dass es um 1768 insgesamt fünf Familien gab, deren Haupteinnahmequelle der Viehhandel gewesen ist. Im Jahr 1782 umfasste die jüdische Gemeinde, unter Einbezug von Brotdorf und Hilbringen, schon zwölf Familien.

Einen Aufschwung erlebte die jüdische Gemeinde im 19. Jahrhundert. Wurden 1808 noch 80 jüdische Mitbürger gezählt, wuchs deren Zahl, teils durch Landflucht, bis 1846 auf 223 jüdische Mitbürger an. 1846 war auch die Höchstzahl innerhalb der jüdischen Gemeinde zu verzeichnen, sie stellte damit sechs bis sieben Prozent der Merziger Bevölkerung. Ihr Einkommen bestritten die Gemeindemitglieder vor allem mit Pferdehandel, Klein- und Immobilienhandel und Geldverleih. Wobei festzustellen ist, dass diese "klassischen" Bereiche seit 1850 um Konfektions- und Kolonialwarengeschäfte, also analog zu Saarlouis, ergänzt wurden und auch hochangesehene Arztpraxen und Rechtsanwaltskanzleien durch Gemeindemitglieder betrieben wurden.

1933 lebten noch rund 200 jüdische Mitbürger in Merzig, das damals rund 10.000 Einwohner zählte. Die Gemeindemitglieder machten also nur noch zwei Prozent aus. Die Zeit der NAZIs an der Saar begann. Für die Juden die Zeit der Entrechtung, der Verfolgung, der Enteignung. Viele flohen, die die blieben wurden Opfer der Greul.

Apropos: Moses Merzig

Moses Levy, meist auch Moses Merzig genannt, war bis zu seinem Tod im Jahr 1861 das geistliche Oberhaupt der Merziger Gemeinde. Auf sein Bestreben wurden um das Jahr 1840 die Synagoge gebaut, seine Beteiligung am Bau der privaten jüdischen Elementarschule, 1823-1876, gilt als gesichert. Die Merziger Gemeinde war an das Oberrabbinat in Trier angegliedert.

Durch seinen Tod musste Moses Levy nicht mehr erleben, dass die Kinder "seiner" Gemeinde ab 1876/77 die katholische Elementarschule besuchen mussten.

 

Apropos: Vereinslandschaft

Die jüdische Gemeinde bereicherte die Vereinslandschaft nicht unerheblich. So baute sie aus ihren Reihen einen ARMEN-Verein auf, dessen Zielsetzung die Unterstützung von Armen und Durchwandernden war, eine Chewrath Bikkur Chaulim mit den allgemein deklarierten Zielen "Bestattungswesen, Krankenbesuche, Wohltätigkeit", eine Chewrath Mewaksche-Tow, also einen israelitischen Frauenverein, den Chorverein der Synagoge "Chewras Meschaurarim" sowie die Vereine Jugend und Erholung.



In der NS-Zeit getötete Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Merzig - Liste nach Yad Vashem, Jerusalem

Hinweis: In Klammern die Geburtsjahre.

Leopold Baum (1876)
Bella Berl (1888)
Berthold Bonnem (1925)
Edith Bonnem (1927)
Gustel Bonnem (1903)
Marcel Bonnem (1902)
Rebecca Bonnem geb. Hanau (1863)
Rudolf Bonnem (1929)
Ella Daniel geb. Hayum (1894)
Susanne Felsenstein (1873)
Erwin Felsenthal (1896)
Julie (Julia) Frank geb. Weil (1860)
Clara Frenkel (1892)
Dora (Sara) Frenkel geb. Neuberger (1887)
Julius Frenkel (1879)
Justina Frenkel geb. Schwarz (1860)
Tilla Frenkel (1889)
Alfred Hanau (1903)
Bernhard Hanau (1865)
Elsa Hanau (1902)
Marie Hanau (1875)
Mella Hanau geb. Keller (1882)
Ottilia (Ottilie) Hanau (1875)
Sara Klara Hanau geb. Mayer (1867)
Theresia Hayum (1901)
Otto Herz (1877)
Sophronie Herz (1862)
Edgar Kahn (1907)
Edith Kahn (1924)
Hedwig Kahn geb. Rauner (1883)
Hermann Kahn (1901)
Ida Kahn geb. Kaufmann (1878)
Johanna (Hana) Kahn (1923)
Joseph Kahn (1852)
Julius Kahn (1867)
Rosa Kahn (1897)
Siegmund Kahn (1894)
Karl Kaufmann (1882)
Lina Kaufmann geb. Hirsch (1879)
Dr. Rafael Kaufmann (1871)
Frieda Koller geb. Benjamin (1900)
Kamilla Levy geb. Levy (1876)
Mathilde Levy (1878)
Rose (Rosa) Levy (1875)
Siegmund Levy (1865)
Richard Lilienfeld (1889)
Julie Markus geb. Hanau (1876)
Mina Marx (1868)
Rosa Marx geb. Salomon (1897)
Germaine (Lilly) Mayer geb. Kahn (1913)
Cécile Mühlstein geb. Berl (1876)
Käte Oppenheim (1909)
Werner-Moritz Oppenheimer (1921)
Frieda Reinheimer geb. Grünberg (1884)
Paul Reinheimer (1913)
Adolf Salomon (1890)
Ida Salomon geb. Kahn (1886)
Theodore Salomon (1893)
Dr. Ferdinand Samuels (1883)
Max Tanneberg (1902)
Amalie Tykoschinski geb. Kahn (1888)
Mathilde (Tilde) Vredenburg geb. Weil (1894)
Alfred Carl Weil (1873)
Hermann Weil (1864)
Rosa Wolff geb. Lilienfeld (1887)

 

 

Apropos: Synagoge

Gesichert ist der Betsaal der jüdischen Gemeinde im Haus des Moyses Hanau (Moyses Merzig) durch Nennung am 05. Dezember 1729. Da dieser den Betsaal ohne Bauerlaubnis baute musste er ihn auf behördliche Anordnung wieder abreißen und eine Geldstrafe zahlen. Erst 1832 wird der 1780 neu errichtete Betsaal in der Querstraße erwähnt: "Die hiesigen Israeliten besitzen in Merzig ein Haus, worin sich im oberen Stock die Synagoge befindet; dasselbe hat aber noch vier andere Zimmer". Da die Gemeinde anwuchs, reichte der Betsaal ab 1840 nicht mehr aus und so wurde ab 1841 die Synagoge gebaut und am 21.+22. Juli 1842 eingweiht, die Torarolle erst um 1864.

Eines der alten Häuser in der Nähe der Gedenkstätte

Die neue Gedenktafel


Die Synagoge befand sich an der Ecke Rehstraße-Neustraße und bildetet das Zentrum der jüdischen Gemeinde in Merzig bis zur Brandstiftung durch die NAZIs im Jahre 1938. Die erste Gedenktafel stammte aus dem Jahre 1961, sie wurde 1976, also einem Jahr nach der Umbenennung der Rehstraße zur Synagogenstraße, durch die neue Tafel ersetzt.

 

 

Eine der nächsten Aufgaben wird im Vergleich der Merziger sowie der Saarlouiser Gemeinde liegen. Über rege Beteiligung werden wir uns wie immer freuen!

 

Bibliographie:

Wilhelm Laubenthal: Die Synagogengemeinden des Kreises Merzig 1648-1942. Saarbrücken 1984.

Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): '...und dies ist die Pforte des Himmels'. Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 446-448.

Stoffsammlung durch: Phelan

 

 

 

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