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Marand

Dieser Begriff wird in Roden, und eigentlich nur in Roden, synonymhaft für "Leichenschmaus" verwendet. Jedoch konnte mir bislang noch kein Rodener sagen, was er genau bedeutet bzw. woher er kommt. Also, selbst ist der Mann ;-)

Die erste Überlegung stammt von Ludwig Bender, einem väterlichen Freund und Ur-Rodener. Er vermutete, dass es auf französische Wurzeln zurückgeht. Seine These "vielleicht von manger" (frz. manger, dt. essen) konnte mich aber nicht wirklich überzeugen.

Nun viel mir gestern wieder ein, dass wir im Fechtclub Saarlouis einen irgendwie seltsamen Slogan (hat ursprünglich übrigens nichts mit Werbung zu tun, sondern weist keltische Wurzeln auf und bedeutete "Schlachtruf") hatten: "Akwaskai bunte Kuh"; die französische Wurzel dieses Slogans kann man nicht mehr erkennen und mir fällt sie ehrlich gesagt auch nicht mehr ein. Offensichtlich wurde so mancher französische Satz, so manches französische Wort einfach eingedeutscht, so wie man es hörte - und niemand sagt, dass man es richtig hörte.

Nehmen wir dies mal als Ausgangsbasis und sehen "Marand" nicht als Wort, sondern als Satz, der ursprünglich in französisch geschrieben oder ausgesprochen war. Präferenz liegt anfangs bei der Betrachtung auf "ausgesprochen", da hier die meisten Varianzen auftreten können.

<Agens> marand. Mit <Agens> kennzeichne ich die Angewohnheit der lieben Franzosen den Nominativ wegzulassen, wenn klar ist, wer gemeint ist.

Ex.: Tu as /été/* content de moi? => as /été/* content de moi?

* Ellipse vgl. BNet Sprachanalyse, 2008.

 

Da mir das <Agens> nun nicht klar ist, setze ich einfach <Je|Tu> hier ein und erhalte:

<Je|Tu> marand.

Nun denken wir einmal an die Personalpronomen und erhalten:

<Je|Tu> m'arand. Nun ist aber "arand" kein französisches Wort, aber es gibt ja das Passé composé im Französischen als Zeitform!

Nun gehe ich einfach mal davon aus, dass ein Französisch-Sprecher vielleicht nuschelt, aber den Unterschied zwischen "ai" [:ää] und "as" [:a] (Hinweis: [:] kennzeichnet die Aussprache) wird wohl zu hören gewesen sein. Damit erledigt sich dann das <Je> und wir erhalten:

<Tu> m'as rand. Nochmals als Hinweis; ausgesprochen bislang [ma]-rand.

Nun bleibt aber das "rand" zu klären. Klar ist, es muss ein Verb sein, dessen Passé composé mit dem Hilfsverb avoir gebildet wird. Mir fiel spontan "rendre" ein, nur ergibt dieses als Passé composé "j'ai rendu" nicht "j'ai rand". Oder doch? Hören Sie sich einfach als Beispiel das Lied "IL AVAIT LES MOTS" von Sheryfa Luna an. "M'a rendu" klingt dort wie "marandü" (äh: zumindest nicht bei der Nicht-Kuschel-Version). Nun gut, aber hilft das weiter? Aber selbstverständlich.

Da ich in meinem Institut academia wadegotia auch ab und an Französisch selbst anbiete, um im Takt zu bleiben, habe ich erlebt, dass ich einem Schüler aujourd'hui (frz., dt. Heute) sagte und er orschurdwi schrieb.

Kurzum: jemand schrieb das Gehörte auf, des Französischen nicht mächtig, und erhielt bislang ein "marandü". Nun stellen wir uns einfach mal jemanden vor, der schludderig ausspricht oder der dieses Wort wie ein heutiger Rodener sagt (Hallo Ralf ;-): "Mir feiern loo de Marandü". Mal ehrlich und Hand aufs Herz - da möchte man doch ein rosa Röckchen rüberreichen. Das klingt ja im Deutschen nach gar nichts. Und so dürfte es diesem Wort wie sovielen Worten der französischen Sprache gegangen sein - es wurde eingedeutscht und verhärtet bzgl. der Aussprache.

Ex.: Das französische "Salut" [:salüü] (Stimme hoch) wurde zum Wadgasser [:sallee] oder [:salü!] (!=Stimme runter).

Und folgt man dieser Gewohnheit kommt man auch auf das von Ralf tatsächlich gesagte "Mir feiern loo de Marand". Denn "ü" als Diphthong hatte niemals eine Chance am Ende eines Wortes zu überleben.

 

"<Tu> m'as rendu." wäre mein Vorschlag zur Erklärung des Begriffes "Marand". Aber übersetzen wir abschließend den Satz doch einfach mal: "Du hast mich zurückgegeben" oder "Du kommst zu mir zurück" (analog zum umgangssprachlichen "M'a rendu accro." aus obigem Lied). Nun ja, den Satz kann ich mir in beiden Varianten lebhaft auf oder zu einer Beerdigung vorstellen.

Dabei fällt mir gerade auf, dass ich eine Variante gar nicht genug berücksichtig, bzw. viel zu früh ausgeschlossen habe! Das muss ich nachholen:

<Il> m'a rendu - "Er hat mich zurückgegeben". Vielleicht im Sinne von "Jesus hat mich dem Vater zurückgegeben". Oder "Er kommt zu mir zurück".

Eine solche Formulierung findet sich auf einem Grabstein auf dem Friedhof von Poitiers, wie eine kleine Internetrecherche erbrachte.

 

Update: "m'a rendu" auf Totenbildchen (Elsaß!) entdeckt! Also ein weiteres Indiz für meine These. In einer E-Mail-Korresponedenz kam aber die Frage auf, wieso es diesen Begriff denn nur in Roden gibt. Die Erklärungen, die mir hier einfallen sind vielleicht nicht alle schmeichelhaft, aber wie ich finde zutreffend. Hier ein Konvolut von Antworten:

Die Germanisierung ab 1936 (Saarlouis => Saarlautern) machte recht eindeutig Schluß mit französischen Begriffen in Saarlouis 1, Roden lag als (zwar eingemeindetes) Dorf abseits genug um maximal linguistische Kollateralschäden davonzutragen. Zudem bewahrten sich alle Dörfer ihre Eigenheiten (vgl. auch Unstimmigkeit Bous-Wadgassen). Und zudem klingt "Marand" a) schön gebildet und b) wie mir einige Rodener versicherten einfach gut ;-)

 

Sollten Sie eine andere These als "<Tu m'as|Il m'a> rendu" haben, bin ich nicht gram und würde mich freuen, wenn Sie Ihren Vorschlag an die Redaktion schicken würden.

Phelan

 

 

Einsendung vom 05. November 2011, eingegangen am 19.10.2011 von Dieter Schmitt (Saarlouis-Steinrausch)

Marande; Vesper, kleine Zwischenmahlzeit (Italien, Südtirol) - also das Wiederaufgreifen des Vorschlages von Herrn Peters vom 23.07.2009, das wir nach länger Diskussion damals verworfen hatten, hiermit wieder zur Diskussion stellen. Danke für den Hinweis, dass die Ellipse bei tu as /été/ im obigen Artikel nicht explizit ausgewiesen gewesen ist.

 

Sie haben eine eigenen Vorschlage? Dann schicken Sie ihn bitte an unsere Redaktion. Vielen Dank schonmal!

 

 

 

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